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DIese Seite ist eine Auslagerung von Inhalten aus yogabuch.de, um gezielt auf unphysiologische Bewegungen hinzuweisen, was sie unphysiologisch macht, wie sie im Alltag entstehen, welchen Schaden sie anrichten können, und wie wir sie vermeiden können.

Beiträge

Definitionen

Physiologisch bedeutet in der Medizin so viel wie „den natürlichen Lebensprozessen entsprechend“, unphysiologisch also „den natürlichen Lebensprozessen widersprechend“. Dazu muß man wissen, daß die Physiologie als Wissenschaft von dem, wie das Leben im Einzelnen funktioniert, zwischen der Anatomie als der Wissenschaft von dem Vorhandenen und der Pathologie steht, als der Wissenschaft von sämtlichen Möglichkeiten, wie das Funktionieren schief und das Vorhandene defekt gehen kann.

Die Bewegungsphysiologie ist dann also die Wissenschaft vom schadlosen Ausnutzen der Möglichkeiten des Bewegungsapparates in Bewegung und Haltung. Mithin stellt das Unphysiologische die Menge an Undingen dar, die der Mensch seinem Bewegungsapparat zu Zeiten oder auch regelmäßig zumutet.

Wenn wir den Begriff unphysiologisch auf Körperhaltungen oder Bewegungen beziehen, muß unterschieden werden, ob WIR den Körper im Sinne eines willkürlichen Aktes unphysiologisch bewegen oder eine unphysiologische Haltung einnehmen, oder ob der Körper SICH unphysiologisch bewegt oder eine unphysiologische Haltung einnimmt, auf eine Weise, die wir gar nicht beabsichtigt haben oder sogar bewußt zu vermeiden versucht haben. Im letzteren Fall liegt in der Regel eine Störung vor, die die physiologischen Bewegungen und Haltungen unmöglich macht.

Auf dieser Webseite sollen viele unphysiologische Körperhaltungen und Bewegungen aufgezeigt und erklärt werden, warum sie gemieden werden sollten und wie es besser geht.

Unphysiologische Bewegungen und Haltungen führen nicht immer unmittelbar zu Schmerzen, aber dauerhaft zu Schäden, die dann meist auch mit Schmerzempfindungen verbunden sind. Viele dieser Störungen sind chronisch progredient (fortschreitend). Einige der Störungen mögen reversibel (heilbar) sein, andere sind es nicht. Das hängt stark davon ab, welche Gewebe betroffen sind.

1. Willkürliche, beabsichtigte unphysiologische Bewegungen

Je langsamer (bradytropher) der Stoffwechsel der Gewebe, also je größer der Turnover (die Erneuerungszeit) der Gewebe ist, desto schlechter und langsamer heilen sie. Im Falle der Knorpelüberzüge der Knochen in den Gelenken als Extrem liegt der Turnover bei rechnerischen 200 – 400 Jahren, so daß mit einer Heilung auch unter günstigen Umständen kaum zu rechnen ist. Davon abgesehen würde eine Heilung zur Voraussetzung haben, daß möglichst alle Schadeinflüsse unterbleiben und Förderliches unternommen wird.

Was Knorpel quält

Das Grundproblem des Knorpels ist, fast ausnahmslos nicht arteriell versorgt zu sein, was seine Stoffwechselrate wie oben beschrieben in sehr engen Grenzen hält. Diese Gewebe erfahren Stoffwechsel nur durch Druckwechsel, die Nährstoffe in den Knorpel hineinpressen und für den Abtransport nicht mehr verwendbare Stoffe aus dem Knorpel saugen. Günstig für den Knorpel ist also eine häufigere aber nicht extrem häufige Bewegung über einen größeren Arbeitsbereich, damit weite Bereiche des Knorpels versorgt werden können. Ein fundamentaler Mangel an konstruktiver Bewegung führt mit Sicherheit auch zum Schaden am Knorpel, das könnte man Underuse nennen..

Scherkräfte, Impacts, lange identische Haltungen

Wird der Knorpel mechanisch überfordert, dauert die Regeneration oder der Wiederaufbau sehr häufig wesentlich länger als die Zeit, bis der nächste schädigende Reiz auftritt. Diese Reize sind einerseits übermäßige Stoßbelastungen, erst recht, wenn damit keine Bewegung verbunden ist, andererseits schädigen auch Scherkräfte die Knorpel, die entstehen, wenn sich ein Knochen unter Last auf einem anderen dreht, wie es etwa der Fall ist, wenn wir unseren Körper bei gebeugtem Kniegelenk und feststehendem Fuß drehen. Tanzen kann je nach Stil, diese Bewegung enthalten. Auch bei verschiedenen Fitnessübungen muß sehr darauf geachtet werden, das Kniegelenk genau achsengerecht zu beugen und zu strecken und keinerlei Rotation währenddessen zuzulassen.
Ebenfalls ungünstig für den Knorpel sind über lange Zeit innegehaltene unveränderte Haltungen, wie nahezu unbewegtes Stehen. Dies führt dazu, daß eine Anzahl an Domänen der Knorpel ausgequetscht werden und dadurch ihre physioloogische Belastbarkeit verlieren.

Eine andere unphysiologische Kategorie Bewegung, hier im Sinne von Haltung, sind innenkniebelastende Sitzhaltungen wie der Schneidersitz oder der Lotussitz, wenn sie länger und häufiger und ohne die richtige Technik ausgeführt werden, wenn das Hüftgelenk keine hinreichende Exorotationsfähigkeit besitzt. In baddha konasana, Schneidersitz und Lotussitz entspricht das Einnehmen der Haltung pro Bein einer Kombinationsbewegung aus Abduktion und Exorotation im Hüftgelenk. Die Exorotation muß für den Lotussiitz sogar größer als 90° werden. Steht weniger Exorotationsfähigkeit im Hüftgelenk zur Verfügung, komprimiert dies die Innenknieregion mit entsprechenden Konsequenzen für den Innenmeniskus.

Überdehnung von Bändern

Neben den Knorpeln sind Bänder ein sehr interessantes Thema. Wird ein Band überdehnt, ist schwer vorhersagbar, ob es sich auf die originale Länge zurückziehen wird. Wenn es das tun sollte, wird es das wegen des eher langen Turnover der Bänder nicht binnen weniger Wochen tun. Andererseits muß überlegt werden, welche Reize vielleicht ungewollt immer wieder gesetzt werden, um die Überdehnung aufrechtzuerhalten. Knicke ich immer mal wieder im Fußgelenk um, so wird das einen Erhaltungsreiz für den überdehnten Zustand der Außenbänder darstellen, so daß sie vermutlich nie wieder zu ihrer ürsprünglichen Länge zurückkehren. Die Folge sind Instabilitäten der Fußgelenke. Unter den Fußgelenken werden meist das obere Sprunggelenk (OSG) und das Subtalargelenk (hinteres unteres Sprunggelenk) verstanden, jedoch bilden in der Fußwurzel je zwei benachbarte Knochen ein Gelenk, es gibt also ganz viele Gelenke, in denen ebenfalls Instabilitäten mitverursacht werden können, wie es etwa beim Cuboid-Syndrom der Fall ist.

Bei Überdehnungen der Bänder muß unterschieden werden, ob sie am Ende einer physiologischen Bewegungsrichtung stattfinden, die sie selbst setzen, also in einer endgradigen Stellung mit fest-elastischer Bewegungsgrenze ein nennenswertes Drehmoment im Gelenk anliegt, oder ob ein Drehmoment ausgeübt wird in eine Richtung, in der das Gelenk keine Bewegung zulassen darf.

Überstrecken / Hyperextensionsmoment

Fingergelenke überstrecken

Ein Beispiel für das erstere wäre etwa das Biegen eines Fingers in Richtung Überstreckung in einem seiner Interphalangealgelenke (PIP oder DIP) über ein gewisses Maß an physiologischer Hyperextensibilität hinaus. Auch in den Grundgelenken (MCP) können wir uns unphysiologisch verhalten, etwa wenn in der Hundestellung Kopf nach unten mit abgehobenen Handgelenken die Fingergrundgelenke (MCP) in eine Größenordnung überstreckt werden, daß keine Kraft mehr erforderlich ist, um die Palmarflexion des Handgelenks aufrechtzuerhalten, sondern ein großes Teilkörpergewicht die Fingergrundgelenke in immer weitere Überstreckung drückt. Je beweglicher der Mensch in Ischiocruraler Gruppe und Schultergelenk, desto eher kann diese Situation auftreten. Viel häufiger ist aber folgendes: das Abstützen von Körpergewicht mit den Händen bei überstreckten
Fingergrundgelenken, etwa beim Aufstehen vom Boden oder bei Positionswechseln, die Abstützen mit der Hand erfordern. Auch, wenn dies meist keinen unmittelbaren Schmerz erzeugt, muß doch davon ausgegangen werden, daß die palmare Bandstruktur der MCP dabei immer weiter ausleiert.

Ellbogengelenk überstrecken

Am Beispiel des Ellbogengelenks wäre es etwa das Festhalten einer Hantel bei waagerechtem Oberarm mit nach oben zeigenden Armbeugern und endgradig gestrecktem Ellbogengelenk mit passiven Armbeugern. Aber nicht nur mit externem Gewicht ist dieses unphysiologisch, auch das Überstrecken des Ellbogengelenks etwa im Hund Kopf nach unten oder anderen, am Boden abstützenden Haltungen erzeugt ein schädliches Hyperextensionsmoment, je größer die Überstreckung bereits ist, desto größer das Moment.

Kniegelenk überstrecken

Beim Kniegelenk ist das Überstrecken vielleicht noch verbreiteter, zudem stehen wir viel häufiger auf einem oder zwei Beinen als wir uns mit einem Arm schwer am Boden abstützen. Die Fähigkeit zu überstrecken mag weitgehend genetisch disponiert sein, die Neigung dazu ist jedoch oft eine Art ökonomisches Verhalten: überstrecke ich die Kniegelenke, ist keine Kontraktionskraft des Quadrizeps mehr erforderlich um den Winkel im Kniegelenk aufrechtzuerhalten. Schwache muskuläre Ausstattung kann also über die damit induzierte Neigung zu ökonomischem Verhalten auch dazu disponieren.

Varus- und Valgusstress

Der zweite der oben definierten Fälle war, ein Moment quer zu allen physiologischen Bewegungsdimensionen auszuüben, etwa in PIP oder DIP den Finger nach daumenseitig oder in die entgegengesetzte Richtung zu biegen. Weit häufiger aber sind Varusstresse oder Valgusstresse, also Bewegungen, die Momente in Varus- oder Valgusrichtung ausüben. Als Varusbewegung wird eine Bewegung einer distaleren Teils einer Extremität gegenüber dem nächst-proximalen nach medial bezeichnet, also etwa den Unterschenkel gegenüber dem Oberschenkel nach medial zu drücken. Die Varusbewegungen erzeugen einen Varusstress bzw. ein Varusmoment. Eine Valgusbewegung ist dann die Bewegung des distaleren Teils nach außen (lateral), aus der Valgusstress und Valgusmoment resultieren. In den Kniegelenken sind Varusstellungen als O-Beine und Valgusstellungen als X-Beine bekannt. Beide erzeugen entsprechende Momente, die das Kniegelenk weiter in die Fehlposition hineindrücken und dabei Strukturen des passiven Bewegungsapparates schädigen. Das läßt sich weitgehend auf das Ellbogengelenk übertragen, nur ist hier ein gewisser Valguswinkel des Unterarm gegenüber dem Oberarm physiologisch: 5°-10° bei Männern und 5°-15° bei Frauen. Liegt ein ausgeprägter Cubitus valgus vor, so sollte vermieden werden, häufiger größere Lasten über Kopf zu bewegen oder halten. Entsprechend sind Kniegelenke mit X-Beinen oder O-Beinen deutlich weniger belastbar ohne Schäden befürchten zu müssen.

Eine andere Form von Streß in Kollateralbändern tritt etwa beim Brustschwimmen auf: die Exorotation des abduzierten Unterschenkel wird gegenüber dem Oberschenkels bei der Adduktion wieder aufgehoben, meist aber nicht von den endorotatorischen Muskeln des Kniegelenks, sondern vom Innenband. Das kann zu dessen übermäßiger Belastung führen.

Vieltipperpinky

Zu den Varusstressen gehört auch der Effekt, daß nicht selten bei Vieltippern, deren Hand nicht sauber plan auf der Tastatur aufliegt, der kleine Finger ein wenig gegenüber der Tastaturebene gedreht liegt, wenn er die Taste herunterdrückt. Die Bewegung des Tippens ist dann keine reine Fingerflexion, sondern enthält einen Varusstress, was auf Dauer zu einer Instabilität vor allem des DIP und auch zu einer radialen Deviation des distalen Gliedes führen kann.

Knochen

Stressfraktur

Und natürlich müssen wir über Knochen reden. Diese sind auch nicht beliebig belastbar. Auch diesseits von Lasten, die direkt zu einem Bruch führen, können sie Schaden nehmen. Erfahren sie immer wieder mechanische Lasten (Zug, Druck, Biegung, Torsion) von mehr als 4000 µS, so entstehen Mikrorisse, die der Knochen provisorisch mit Faserknochen repariert, den er danach zu Lamellenknochen umbauen würde. Ist die zeitliche Abfolge der Stresse aber zu eng, so wird die dazwischenliegende Zeit dafür nicht ausreichen und der Knochen läuft auf einen Ermüdungsbruch (Stressfraktur) zu. Zur Einordnung: 4000 µS ist ein sehr großer Reiz, wie er durch körpereigene Muskelkraft sicher nicht erbracht werden kann, wohl aber durch den Impact, den ein Fuß beim Laufen (Running) erfährt oder durch Kontakt mit anderen Objekten oder Subjekten als dem Boden. Historisch gesehen gehört die Marschfraktur zu den früh erkannten Stressfrakturen, die junge, untrainierte Rekruten in vorangegangenen Jahrhunderten nicht selten erlitten haben.

Krumm sitzen in der Jugend: Scheuermann

Weiter sind unphysiologische Haltungen in der Wachstumsphase ein besonderes Risiko, wie der Pathomechanismus des Morbus Scheuermann zeigt. Vor allem in Phasen schnellen Längenwachstums stehen Jugendliche unter einem erhöhten Risiko, auf längere und häufigere krumme (stark BWS-flektierte) Haltungen mit einem apositionellen Wachstum der Wirbelkörper zu reagieren: die Keilwirbel. Durch eine Hyperkyphose ist der Druck in den Epiphysefugen der Wirbel ventral höher als dorsal, was zu einem verminderten Wachstum ventral führt. Zwar brennt die Erkrankung aus, wenn das Wachstum gegen das 18. Lj. abgeschlossen ist, aber die entstandenen Deformitäten der Wirbel bleiben und führen später oft zu einem Post-Scheuermann-Syndrom.

Krumm sitzen oder heben: Bandscheiben

Und wo wir schon über krumme Haltungen reden: häufigere konvexe Haltungen der LWS, etwa weil der Po zu großen Abstand von der Lehne des Sitzgerätes bei angelehntem Sitzen hat, können ähnlich wie häufigere hebende oder haltende Tätigkeiten mit krummem Rücken zu Schäden an den Bandscheiben (Protrusion, Prolaps) führen.

ausgedrehte Füße auf dem Boden

Apropos sitzen: auf dem Boden Sitzen mit nach außen gedrehten Füßen oder auch nur mit einem nach außen gedrehten Fuß, gehört ebenfalls in die Kategorie unphysiologisch. Nehmen wir an, daß der auf dem Boden liegende Innenfuß sicher nicht mehr als 10° abduzieren kann (als Teil der Bewegung, die gemeinhin als Pronation bezeichnet wird) und weiter, daß das Hüftgelenk sicher nicht mehr als 40° endorotieren kann, dann kann geschlossen werden, daß bei aufrechtem Becken der Rest von immer noch mindestens 40° als Exorotation im Kniegelenk stattfinden muß, dem für diese Bewegung aber bestenfalls 30° zur Verfügung stehen. Zu erwarten ist also eine Überdehnung der Bänder der beteiligten Gelenke.

muskulär unphysiologisch ?

Gibt es das auch, muskulär unphysiologische Bewegungen ?
Wenn wir unphysiologisch als Schadwirkung hervorrufend betrachten, können wir einige Beispiele finden.

Schwung

Nicht nur bradytrophe Gewebe des passiven Bewegungsapparates können durch unphysiologische Bewegungen Schaden nehmen, sondern auch die Sehnen der sehr tachytrophen Muskeln im aktiven Bewegungsapparat. Eine der wohl verbreitetesten Möglichkeiten, die Sehnen zu schädigen,ist die Verwendung von Schwung anstelle von Kraft, sei es bei der Schwungumkehr (yogabuch) beim Bankdrücken, beim Nackendrücken oder bei der Kniebeuge. Die Verwendung von Umkehrschwung erlaubt unter Umständen, bis zu 30% höhere Gewichte zu bewegen. Dabei wird kinetische Energie der Abwärtsbewegung in den Sehnen als elastische Energie gespeichert, die dann für die Aufwärtsbewegung wieder nutzbar ist. DIe meisten wissen allerdings nicht, daß Sehnen nur bis 4% physiologisch in ihrer Länge gedehnt werden können ohne Schaden zu nehmen. Ab 8% ist Schaden garantiert und ab 12% wird der Schaden den ganzen Querschnitt der Sehne betreffen. Dann stellt sich meist über kurz oder lang das Bild einer Insertionstendopathie ein.

überwiegend kurze Sarkomerlängen

Der nächste Punkt beinhaltet Tätigkeiten, egal ob in Alltag oder Sport, die in überwiegend kurzen Sarkomerlängen ausgeführt werden. Stundenlange Überkopfarbeiten etwa sind dafür bekannt, Störungen im Schultergelenk hervorzurufen, die einer Sportlerschulter ähneln. Auch Lehrer und Dozenten, die viel überkopf schreiben, können eine solche Störung entwickeln. Im Bereich des Sports wäre Krafttraining, welches überwiegend in kurzen Sarkomerlängen ausgeführt, ebenfalls flexibilitätsmindernd, je nach Ausmaß kann dies nicht nur alltagsrelevant sein, sondern auch die Lebensentfaltung beeinträchtigen oder verändern. Einfache Beispiele hier wären etwa eine Verkürzung der Frontalabduktoren (Antevertoren) des Schultergelenks, die die Retroversion einschränken, bei gestrecktem Arm eventuell sogar verhindern. Um sich den Rücken waschen, braucht es dann schon eine Stilbürste – oder einen menschlichen Supporter.
Trainieren wir die Armbeuger in kurzer Sarkomerlänge, kann dies den Verlust der Streckfähigkeit des Ellbogengelenks nach sich ziehen, also ein weich-elastisches Streckdefizit. Stehen Kinder viel auf den Zehebballen, etwa um größer zu sein oder zu wirken, oder tragen Erwachsene viel hohe Absätze, kann das einen erworbenen Spitzfuß nach sich ziehen, also den Verlust nicht nur der Dorsalfexionsfähigkeit des Fußgelenks sondern auch der 0-Flexion von Anatomisch Null. Das macht ein Abrollen des Fußes völlig unmöglich und bringt ein katastrophales Gangbild hervor, was Schäden des Bewegungsapparates mindestens bis in die LWS nach sich ziehen wird.
Intensives Training der kräftigsten Transversaladduktors des Schultergelenks, des Pectoralis major, kann dazu führen, daß die Schulterblätter in die Protraktion gezogen werden. Zwar ist der Pectoralis major als trunkohumeraler Muskel kein unmittelbarer Protraktor, jedoch ein mittelbarer ist er definitiv, genauso wie der trunkohumerale Latissimus dorsi ein mittelbarer Schulterblattdepressor ist. Im Falle des Pectoralis major disponiert dies durch Verschiebung des Schwerelots der Arme zudem für eine habituelle Hyperkyphosierung der BWS.

Unbeabsichtigte, unkoordinierte Bewegungen

Im Bereich Sport, vor allem des Mannschaftssports mit möglichem Gegnerkontakt, aber auch anderen Sportarten, bei denen sehr schnelle Bewegungsfolgen erforderlich sind, die nicht immer physiologisch ausgeführt werden, wie etwa bei Racketsports, treten häufig unphysiologische Bewegungen auf, also solche, die potentiell oder auch de facto pathogen sind, was an den Häufigkeiten und Arten der Verletzungen gut zu erkennen ist. Zum Bereich unphysiologische Bewegungen, wenn auch begrifflich etwas unsauber, müssen auch die Kontakte des Kopfes mit beschleunigten Gegenständen (etwa Ball beim Köpfen im Fußball) oder Körperteilen (etwa die Faust des Gegners beim Boxen) gezählt werden.

2. Ungewollte, unvermeidbare unphysiologische Bewegungen und Haltungen

Hier betrachten wird unbeabsichtigte Abweichungen vom normalen Bewegungsverhalten aus verschiedenen angeborenen oder erworbenen Gründen, etwa abnormes Bewegungsverhalten einzelner Körperteile aufgrund körperlicher Störungen:

  1. Dyskinesien wie etwa Patelladyskinesie oder Skapuladyskinesie
  2. Schmerzvermeidungsverhalten
  3. veränderte Bewegungsmuster durch Muskelerkrankungen, Muskelschwäche, Muskeldystrophie
  4. veränderte Bewegungsmuster durch neurolgische Veränderungen wie schlaffe oder spastische Lähmungen
  5. veränderte Bewegungsmuster durch Achsenfehlstellungen, Fußdeformitäten
  6. veränderte Bewegungsmuster durch muskuläre Verkürzungen und muskuläre Dysbalancen
  7. veränderte Bewegungsmuster durch Beinlängendifferenzen, Beckenschiefstand, Beckenverwringung, Skoliose
  8. veränderte Bewegungsmuster durch (vor allem asymmetrische) Haltungs- und Schlafgewohnheiten
  9. sowie sämtliches Bewegungsverhalten oder auch einzelne Bewegungsmuster, die aufgrund von nachteiligen körperlichen Veränderungen auftreten und in der Lage sind, sekundäre Störungen hervorzurufen

Obige Ursachen können zu erzwungenen Abweichungen vom intendierten Beweungsverhalten führen, die als unphysiologische Bewegungen bezeichnet werden. Je nach Art und Ausmaß der Störung können sie sekundäre Störungen nach sich ziehen.

3. unphysiologisches Bewegungsverhalten

Der Begriff unphysiologisches Bewegungsverhalten ist wie sein Pendent unphysiologische Bewegung nicht scharf definiert. Im Gegensatz zu diesem muß vor allem das wiederholte Verhalten über die Zeit betrachet werden, weniger die einzelne Bewegung darauf geprüft werden, ob sie physiologisch ist. Dass wiederholte unphysiologische Bewegungen zu Schadwirkungen führen können, ist hinlänglich plausibel und je nach verwendetem Begriff sogar von diesem impliziert, daß aber auch wiederholte physiologische Bewegungen zu Schadwirkungen führen können, ist ebenfalls möglich und ihr Eintreten vor allem eine Frage der Bedingungen und der Häufigkeit. Grundsätzlich gilt das Laufen (Running) als eine physiologische Tätigkeit, abgesehen davon, Störungen im Bewegungsapparat würden es kontraindizieren. Dann spricht man allerdings trotzdem nicht von einer unphysiologischen Bewegung oder Tätigkeit, sondern nur vom Vorliegen einer Kontraindikation. Nun gibt es aber ein individuelles Maß an Laufen, das Störungen auftreten läßt. Nicht bei jedem Individuum würde aber die gleiche Störung als erste auftreten, auch die Reihenfolge des Auftretens, würde man das Ausmaß des Laufens immer weiter steigern und in der Lage sein, jede auftretende Störung zu ignorieren oder zu umgehen, würde nicht die gleiche sein. Diese Betrachtung führt zum Begriff des Overuse.

Overuse ist jeder über die physiologisch Belastungsgrenze (vor allem der passiven Strukturen des Bewegungsapparates) hinausgehende Betätigung in einer Disziplin oder Tätigkeit. Selbstverständlich ist das Auftreten vom Trainingsstand abhängig, vom allgemeinen oder auch dem spezifischen für diese Disziplin oder Tätigkeit. Absolviertes Training impliziert Adaption des Körpers an die Anforderungen, soweit Intensität der Trainingsreize es gebieten und Anpassungsmöglichkeiten es erlauben. Zu den etwa beim Laufen auftretenden Overuse-bedingten Störungen (auch: Overuse-Phänomene) gehören Plantarfasziitis, Fersensporn, Ermüdungsbruch. Bei vorhandenen Abweichen des Körper vom physiologischen Zustand wie etwa bei Achsenfehlstellungen, Fußdeformitäten oder muskuläre Dysbalancen kommen noch ganz andere Entitäten ins Spiel wie etwa Meniskusschäden im Kniegelenk oder Arthrose der Gelenke in der kinetischen Kette der unteren Extremität. Auch Metatarsalgien können auftreten oder ein Spreizfuß. Im strengen Sinne ist es also sinnvoll, hier nicht vom unphysiologischem Bewegungsverhalten zu sprechen, sondern von einem inadäquaten Maß an Belastung, also von Overuse.

Anders liegt der Fall, wenn zum Beispiel unverhältnismäßig viel Vorwärtsbeugen geübt werden, ohne ebenfalls ein gewisses Maß an Hüftextensionen ebenfalls zu üben. Das wird voraussichtlich zu einer muskulären Dysbalance im Hüftgelenk und nicht selten zu einer Neigung zu lumbalen Beschwerden führen. Ist die Beweglichkeit zu Beginn gering, könnte sogar ein Bandscheibenleiden resultieren. Was die muskuläre und sehnige Konstitution zu Beginn wenig robust, kann ein PHT resultieren. Keine der Bewegungen war im strengen Sinne unphysiologisch, aber die Menge zeitigte Schadwirkungen, was bereits bei Begriff unphysiologische Bewegung als ein Kriterium angesehen wurde.